Willkommen auf unserem Blog "Bilder & Stories" bei Rahmen und Raum. Hier teilen wir regelmässig Einblicke in unsere Arbeit und die Geschichten hinter den Bildern. Unser Blog richtet sich an alle, die Spass an guten Bildern und Geschichten haben.

 

 

 

 

 

20. Oktober 2025

 

Es ist still an diesem Vormittag in St. Gerold. Nur der Wind rauscht durch die Bäume, die sich in ihren herbstlichen Farben verneigen. Rot, Gold, Grün – ein leises Aufglühen, bevor der Winter sie in Schweigen hüllt. Es ist, als würde die ganze Landschaft noch einmal tief einatmen, ehe sie loslässt.

Ich komme nicht her, um etwas zu sehen. Ich komme, um etwas zu finden. Vielleicht eine Spur von Gott – oder wenigstens von dem, was Menschen meinen, wenn sie „Gott“ sagen

In der Kirche fällt mein Blick auf eine ungewöhnliche Maria. Kein Zepter, keine Krone. Stattdessen hält sie eine Flöte in der Hand.
Das Kind auf ihrem Arm schaut still, fast erwartungsvoll.
Eine Maria, die nicht herrscht, sondern spielt.
Eine Mutter, die nicht befiehlt, sondern lauscht.

Vielleicht ist das der Klang, in dem Gott sich zeigt – nicht im Donner der Orgel, sondern im Atem durch eine Flöte. Leise. Nah. Menschlich.



Ein paar Schritte weiter steht der heilige Gerold. Nicht auf einem Sockel, sondern zwischen Eimer und Wischmopp.
Ein Bild, das mich erst schmunzeln lässt – und dann nachdenklich macht.

Heiligkeit hat hier nichts Erhabenes. Sie riecht nach Boden, nach Arbeit, nach Alltag.
Ein Heiliger, der wischt. Der dient. Der nicht über den Menschen steht, sondern sich zu ihnen hinunterbeugt.
Vielleicht liegt genau dort die göttliche Spur: in der Bewegung nach unten, nicht nach oben.



Draußen vor der Kirche liegt das Tal im Licht. Die Wälder leuchten in Farben, die man nicht mischen kann. Sie entstehen nur, wenn Leben und Vergehen einander umarmen.
Ich bleibe lange stehen und spüre:
Vielleicht sucht man Gott nicht, um ihn zu finden,
sondern um offen zu bleiben für das, was sich zeigt –
im Wind über den Bäumen,
in der Flöte einer Mutter,
im Wischmopp eines Heiligen.



Unten, in der Krypta, liegt das Grab des heiligen Gerold.
Stein, schlicht, geschützt von warmem Licht.
Hier endet der Weg – und beginnt zugleich.
Denn alles, was bleibt, ist dieses stille Fragen:

Wenn Gott wirklich Mensch geworden ist –
wo genau begegnet er mir dann heute?

Vielleicht nicht in der Kirche.
Vielleicht nicht im Himmel.
Sondern in der Hand, die wischt.
Im Atem, der singt.
Im Herz, das sucht.

05. Oktober 2025

Der Herbst legt seine Farben über den Wald. Ein leuchtendes Rot, ein tiefes Gold, ein stilles Braun – wie ein letzter Gruß der Natur, bevor die Kälte die Äste entblößt. Jeder Schritt auf dem weichen, raschelnden Boden erzählt von Vergänglichkeit und zugleich von einem geheimen Trost.

Zwischen den Bäumen tauchen kleine Wunder auf: Pilze, die wie zerbrechliche Hüte aus dem Boden wachsen. Sie wirken wie Wächter am Wegesrand, als wollten sie uns erinnern, dass selbst das Kleinste im großen Kreislauf des Lebens seinen Platz hat.

Eine Bank im Abendlicht lädt zum Innehalten ein. Dort könnte man sitzen, lauschen, spüren – die Kühle der Luft, den Hauch von Abschied, das stille Flüstern der Bäume. Und doch liegt in diesem Moment keine Schwere, sondern Hoffnung: Wer verweilt, erkennt, dass Leben nicht im Stillstand endet, sondern in der Bewegung weitergeht – verwandelt, erneuert.

Manchmal führt der Weg ins Dunkel. Ein Tunnel aus Zweigen und Schatten, der uns mit der Frage konfrontiert: Was kommt dahinter? Aber dann bricht Licht hindurch – golden, warm, fast wie eine Verheißung. Es erinnert uns daran, dass jeder letzte Weg zugleich Anfang sein kann.

Gottes Liebe zeigt sich hier nicht in lauten Worten, sondern in den Farben des Herbstes, im flüchtigen Glanz des Sonnenlichts auf nassem Laub, in der zarten Stille eines Pilzes im Moos. Trauer und Trost, Vergänglichkeit und Hoffnung – alles liegt hier, mitten im Wald.

Und während die Tage kürzer werden und die Kälte stärker, bleibt diese stille Gewissheit: Auch im Fallen der Blätter, im Vergehen des Alten, ist Leben. Und Leben bleibt.

28. Juli 2025

Die Gassen von Trastevere füllen sich mit Stimmen, Gläserklirren und dem Duft von gegrilltem Fisch. Es ist einer dieser römischen Abende, an denen der Himmel über den Dächern glüht wie eine Erinnerung an vergangene Sommer.

Und mittendrin: eine Nonne – nicht auf dem Weg zur Messe, sondern zum Abendessen. In Zivil? Nein. In voller Ordenstracht. Stolz, aber nicht auf sich. Offen, aber nicht schrill. Ihr Lächeln: warm, tief, echt.

Sie umarmt Freunde, lacht, erzählt, hört zu. Und inmitten des Trubels fällt auf, was nicht zu übersehen ist: Diese Frau trägt etwas in sich, das über das Sichtbare hinausgeht. In ihrem Gesicht graben sich feine Linien, nicht vom Urteil, sondern von der Fürsorge. Von Kummer. Und von Hoffnung.

Man sieht ihr an, dass sie viel getragen hat im Leben. Und doch wirkt sie leicht. Vielleicht, weil sie weiß, dass man nur dann wirklich glauben kann, wenn man auch wirklich liebt.